Beschreibung
1. Einleitung
Hans Carl von Carlowitz, Autor des gegenwärtig häufig zitierten, 1713 in Leipzig erschienenen Buches Sylvicultura oeconomica, war bis gegen Ausgang des zwanzigsten Jahrhunderts in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt. Sein Buch besaß man an kameralwissenschaftlichen Fakultäten der deutschen Universitäten, es war in Adelshäusern, die über größeren Waldbesitz verfügten, geläufig, sowie Bestandteil der Bibliotheken landesherrlicher Forstverwaltungen und ihrer leitenden Beamten.
Auch in den forstlichen Meisterschulen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert entstanden sind (Zanthier 1763 in Ilsenburg, Hartig 1786 in Hungen, Cotta 1795 in Zillbach und Bechstein 1795 in Waltershausen sowie 1801 in Dreißigacker), wird diese Schrift bekannt gewesen sein, wohl aber mehr als Nachschlagwerk für den Lehrkörper zur Vorbereitung des Unterrichts für angewandte Gebiete der Forstwirtschaft (Forstsaatgutwesen und Forstpflanzenanzucht, Baumartenwahl, Forstnutzung, Forstökonomie). Als Lehrbuch der Schüler wird es wohl kaum gedient haben, denn es war teuer und wohl auch anspruchsvoll.
Mehr als 200 Jahre lang hat sich an dieser Situation wenig geändert. Das ergab sich einerseits aus der Seltenheit und dem Umfang des Buches, andererseits aus der schwierigen Lesbar- und Verständlichkeit des in Frakturschrift gesetzten und in barockem Deutsch geschriebenen Werkes. Das änderte sich erst gegen Ausgang des 20. Jahrhunderts, nach Erscheinen des auch in der DDR publizierten Brundtland-Berichtes der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1988. Ein für alle Interessierten zugänglicher Reprint stand damals noch nicht zur Verfügung.
Der Verfasser hat während seiner nahezu dreißigjährigen Lehrtätigkeit an forstwirtschaftlichen Bildungsstätten nicht bloß mündlich auf den Inhalt und die historische Bedeutung dieses Buches hingewiesen, sondern durch Herumreichen der Erstausgabe versucht, das Interesse der Studenten zu wecken. Ein tiefer gehendes Studium war aber kaum möglich, weil diese Schrift nur einmal vorhanden, der Umfang groß und die Lesbarkeit schwierig war. Das hat sich inzwischen geändert.
Seit dem Erscheinen des Brundtland-Berichtes wurden von H. C. v. Carlowitz publiziert:
Reprints der Sylvicultura oecononimica als Ganzes, meist mit Kommentaren und biographischen Ergänzungen versehen:
a) 2000, Reprint der 1713 im Verlag J. F. Braun in Leipzig erschienenen 1. Auflage, bearb. von K. Irmer u. A. Kießling, Bibliothek „Georgius Agricola“ der TU Bergakademie Freiberg, Nr. 135;
b) 2009, Reprint der 1732 im Verag J. F. Braun in Leipzig erschienenen 2. Auflage, Herausgegeben von B. Bendix, Verl. Kessel Remagen-Oberwinter 2011;
c) 2012, Reprint der 1713 im Verlag J. F. Braun in Leipzig erschienenen 1. Auflage, mit Einführung von J. Huss, u. F. v. Gadow, Verl. Kessel Remagen-Oberwinter;
d) 2013, Reprint der 1713 im Verlag J. F. Braun in Leipzig erschienenen 1. Auflage, mit Vorbemerkungen, einer Zusammenfassung und Weiterführung von J. Hamberger, Verl. oekom 2013;
e) 2013,Transkription der 1713 im Verlag J. F. Braun in Leipzig erschienenen 1. Auflage in das Deutsch der Gegenwart von H. Thomasius und B. Bendix und einer Biographie von B. Bendix, Verl. Kessel Remagen-Oberwinter.
Wissenschaftliche Publikationen aus der Sicht einschlägiger Fachgebiete wie Ökologie, Ökonomie und Sozialwissenchaften in zahlreichen Fachzeitschriften und -büchern, aus denen hervorgeht, wie weit die von der „forstlichen Nachhaltigkeit“ abgeleitete Theorie verantwortungsvoller Ressourcenwirtschaft ausgedehnt, verallgemeinert oder verwässert werden kann.
Trivialliteratur, die den Begriff „Nachhaltigkeit“ begierig aufgenommen, leichtfertig angewandt und zu einem Modewort degradiert hat. In dieser Kategorie wird gegenwärtig fast alles, was länger brauchbar sein soll, als nachhaltig bezeichnet. Dem zufolge wäre auch ein Werkzeugstiel aus Eschenholz nachhaltiger als einer aus Fichtenholz. Selbst saisonabhängige Modeschöpfungen und Schlagerkompositionen, die Teenager anhaltend begeistern, preist man heute als „nachhaltig“ an. Man kann nicht ganz ausschließen, dass derartige Redewendungen auch von Sprachgelehrten gebilligt werden. Mit dem, was in der Forstwirtschaft als „nachhaltig“ ausgedrückt werden soll, hat das wahrhaftig nichts zu tun.
Darum ist es erforderlich, zwischen wissenschaftlich fundierter und trivialer Nachhaltigkeit streng zu unterscheiden.
Zu großem Dank verpflichtet fühle ich mich Herrn Dr. habil Bernd Bendix für die Durchsicht meines Manuskriptes, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Schmidt, Lehrgebiet Landeskultur und Naturschutz, für Diskussionen über potenzielle Waldgesellschaften in Sachsen, Herrn Museumsdirektor Dr. Ulrich Thiel für die Bereitstellung einiger Fotografien aus dem Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg sowie meinem Sohn Hubertus Thomasius für seine Hilfe bei der Gestaltung von Grafiken und Tabellen.
Tharandt im September 2013
Harald Thomasius
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